Der Stierkampf aus Sicht eines Veterinärs

Vasco Reis, studierte Tiermedizn in Hannover, Deutschland. Er bekam als städtischer Tierarzt auf der Azoreninsel Terceira von 1986 bis 1989 näheren Einblick in die Welt des portugiesischen Stierkampfs. Heute lebt er ein aktives Leben als Pensionär in Aljezur. Er hat 14 Katzen und 3 Hunde und ist Gründungsmitglied einer Umwelt- und Tierschutzorganisation (AEZA), die sich dafür einsetzt, dass im Bezirk Aljezur keine Stierkämpfe stattfinden.


Der Stierkampf aus Sicht eines Veterinärs

Menschen und Tiere sind Wesen, die mit einem mehr oder weniger hoch entwickelten Nervensystem ausgestattet sind, das es ihnen erlaubt, die Geschehnisse in ihrer Umgebung wahrzunehmen und zwischen angenehm, gefährlich, aggressiv oder schmerzhaft zu unterscheiden.
Die Wesen erleben Empfindungen, Emotionen und ähnliche Gefühle.
Diese Tatsache hat Flucht- und Verteidigungsmechanismen zur Folge, ohne die sie nicht überleben könnten. Daher sind Angst und Schmerz grundlegende Voraussetzungen für das Überleben.Die Behauptung, dass kein Tier Angst oder Schmerz verspürt, wenn es bedroht oder verletzt wird, zeugt von höchster Ignoranz oder der Absicht, eine lebenswichtige Wahrheit zu verleugnen.

Die Wissenschaft hat belegt, dass die Anatomie, die Physiologie und das Nervensystem von Stieren, Pferden, Menschen und anderen Säugetieren extrem ähnlich sind.Die Reaktionen dieser Arten sind bei Bedrohung, Schreck oder Verletzung analog.
Das lehrt uns der gesunde Menschenverstand und die Wissenschaft bestätigt es.
Stellen Sie sich nach diesen Erläuterungen nun das furchtbare Leiden eines Menschen vor, der anstatt eines Stieres eingefangen und den Qualen eines Stierkampfs ausgesetzt wird.

Zu welcher ethischen Schlussfolgerung für unser Verhalten führt das? Menschen (Stierkampfliebhaber) dürfen anderen Wesen mit ähnlichen Empfindungen (Stieren und Pferden) keine Leiden zufügen, denen sich die Verursacher (Stierkampfliebhaber) selbst nicht ebenfalls aussetzen würden.
Beim portugiesischen Stierkampf müssen zudem das schreckliche Gefühl der Klaustrophobie und die Panik erwähnt werden, die der Stier erleidet, wenn er brutal in der Ebene eingefangen und auf einem offenen Lkw zur Arena gebracht wird.
Danach beginnen die Misshandlungen mit dem Ziel, das Tier physisch und psychisch zu schwächen, bevor es schließlich in den Kampf geschickt wird.In der Arena wird der Stier während der lide a pé, in der Toreros, e a cavalo, in der Reiter vom Pferd aus die Banderillas in den Rücken des Stieres stößen, provoziert und gequält. Danach werden die bandarilhas (Lanzen) auf immer brutale und sehr schmerzhafte Weise wieder entfernt (gerriessen oder herausgeschnitten) .
Am Ende wird das Tier erschöpft abtranportiert - verletzt, fiebernd und mit einer metabolischen Azidose, die zu Übelkeit und Vergiftung führt - bis der Tod, einige
Tage später, es von seinen Leiden erlöst.
Das Pferd leidet ebenfalls unter der Erschöpfung und der hohen psychischen Anspannung, denn es wird von seinem Reiter benutzt, beherrscht und auf den Stier gehetzt, obwohl seine natürliche Reaktion eher die Flucht wäre, um sich in Sicherheit zu bringen.
Durch die Brutalität des Trainings, die Sporen, die Eisenkandarre im Maul und die Kette um den Unterkiefer, soll das Pferd unterworfen werden.
Mehr oder weniger schwere, manchmal tödliche Verletzungen oder sogar der Tod des Tieres durch Ohnmacht oder Herzstillstand in der Arena werden in Kauf genommen.Es ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, zu glauben, dass Stierkämpfer und Stierkampfliebhaber Stiere und Pferde lieben, obwohl sie Ihnen Gewalt antun, sie gefährden und sie leiden lassen.

Ich frage mich, warum ist eine Aktivität, die darauf beruht, Tiere öffentlich zu quälen und leiden zu lassen, weiterhin legal und gesetzlich erlaubt und wird von Einigen sogar geschätzt, gelobt und verherrlicht?

Eine echte Demokratie erlaubt und legalisiert die Folter nicht. Und Sie?


Vasco Reis, 13.6.13

Veröffentlicht am 13.6.13 in Algarve Jornal 123, Portimão, Portugal

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